Clegg & Guttmann -- Modalities of Portraiture

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Clegg & Guttmann, the library as an archive, 2015, C-Print auf Endura Papier, hinter Plexiglas kaschiert, MDF-Rahmen, 177 x 116 cm

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

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Clegg & Guttmann, Modalities of Portraiture, 2015,  Ausstellungsansicht, Foto: Peter Paulhart, Courtesy Georg Kargl Fine Arts, Wien

Clegg & Guttmann
Modalities of Portraiture
11/12/2015 - 05/03/2016

Das Künstlerduo Clegg & Guttmann (Michael Clegg und Martin Guttmann, beide *1957) arbeitet seit 30 Jahren mit einem Kunstbegriff, der als „sozialkommunikativer Prozess“ verstanden werden kann. Neben Social Sculptures, Objekten, Installationen und Skulpturen, die den Betrachter aktiv in den Handlungs- und  Rezeptionsprozess einbeziehen, und den Spontaneous Operas, prozessorientierten Events, gehört das fotografische Porträt seit den 1980er Jahren zu den wichtigsten künstlerischen Ausdrucksmittel. Die Einzelbildnisse, Bilder von Paaren und vielfigurigen Gruppen gehören bis heute zu den wichtigsten künstlerischen Beiträgen, die dieses Genre zu bieten hat. Es sind Fragen nach den Modalitäten des Porträts, den Unterscheidungen von kommissionierten Porträts, mit all ihren konstruierten Posen, Haltungen, Gesten und Kulissen und Repräsentationen von Macht und Souveränität und generischen Porträts, deren Narrative zuweilen ins Genrehafte spielen, die Clegg & Guttmann interessieren. Fragen, die gerade in der heutigen Bildwelt der Handyfotografie, dem Selfiewahn mit seiner Gier nach Unmittelbarem, Unverstelltem, das in Sekundenschnelle einer globalen Community mitgeteilt werden will, wie aus der Zeit gehoben zu sein scheinen.

Die westliche Kunstgeschichte war die längste Zeit eine Geschichte der Inszenierung, der Posen, da in der Malerei und Bildhauerei aber auch der frühen Fotografie schon allein aus technischen Gründen der Zwang zum Stillstehen, zum Posieren der Modelle bestand. Clegg & Guttmanns Einzel-, Doppel- und Gruppenporträts lassen sich in eine kunsthistorische und ikonographische Linie einfügen, deren Bezugsrahmen die ästhetischen Konventionen historischer Porträts und Gruppenbilder des 16. und 17. Jahrhunderts sind. Die Niederländer von Frans Hals bis Rembrandt, die Italiener von Tizian bis Caravaggio und die Spanier von Velasquez zu Goya sind das Referenzmaterial für einen Werkkomplex, der kollektive Strukturen, gesellschaftliche Gefüge und Machtverhältnisse mit dem Instrumentarium jener historischen Repräsentations- und Familienporträts inszeniert, die Personen in ein Umfeld stellen, das ihren kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Hintergrund offenlegt. Der Reiz dieser Porträts besteht gerade in der Kontinuität und dem gleichzeitigen Bruch jener bourgeoisen Porträttradition, wenn sich die Identität der Dargestellten mehr oder weniger in diese einfügt.

Die Ausstellung Modalities of Portraiture umfasst alle gewohnten Porträtkategorien Clegg & Guttmanns - das Einzel-, das Doppel- und das Gruppenporträt, das generische und vor allem das Auftragsporträt. Alle Dargestellten sind durch ihre Teilhabe am zeitgenössischen Kunstgeschehen miteinander verbunden, sie wachsen mit Kunst auf, sind Galeristen, Kuratoren, Museumsdirektoren oder Sammler und allen Porträts ist eine erhöhte Note an Theatralik, eine kühler, seriöser Zurückhaltung und starken hell-dunkel Kontrasten zu eigen. Sie kommunizieren zwar durch ihre Blicke, Gesten und Haltungen mit den BetrachterInnen der Werke, verweisen jedoch zugleich eindeutig auf einen Platz vor den Bildern, außerhalb dieser dunklen, diskreten Interieurs, in die sich eine privilegierte Gesellschaft vornehm zurückgezogen hat. Die Handlungen und die sozialen Implikationen werden innerbildlich und in Relation zueinander im institutionalisierten Rahmen der Galerie verhandelt, die Porträts kommunizieren untereinander und reflektieren auf den jeweiligen institutionalisierten Hintergrund, dem sie entstammen.

In diesem Sinne – als Form eines referenziellen Porträts – können auch die beiden Bibliotheksdarstellungen Clegg & Guttmanns gelesen werden. Eine private Bibliothek, die großteils als Familienarchiv genutzt wird, und eine über Jahrhunderte gewachsene öffentliche Bibliothek verweisen auf die Genealogie und Psychologie eines Individuums bzw. bilden die wechselnden Macht- und Herrschaftsverhältnisse und Interessen in der Kulturgeschichte einer ganzen Nation ab. Gemeinsam mit der Sozialen Skulptur „Cognitive Exercise III, Continuous drawing/Exquisite Corpse“, eine untereinander verdrehbare Anordnung von Kuben, auf denen die BesucherInnen sich gegenseitig in der Technik Rodins kontinuierlicher Zeichnung darstellen sollen, bilden die ausgestellten Arbeiten ein dichtes Assoziations- und Reflexionsgefüge über Geschichte und Modalitäten einer der wichtigsten Gattungen der Kunstgeschichte.

Was bedeutet die Porträtfotografie Clegg & Guttmanns, deren Reiz im Posieren, in der Inszenierung und im „Gekünstelten“ liegt, angesichts der heutigen Bilderflut von spontanen, teils zufälligen Schnappschüssen und der einhergehenden Trivialisierung von Porträts und was bedeutet sie gerade im Hinblick auf die Identität der Dargestellten? Wie manifestiert sich die gängige Vorstellung von Fremd- und Selbstdarstellung von Wirtschafts- und Kulturmächtigen und welches Repertoire an Posen, Gesten, Blicken oder Attributen wird angewendet, um eine Idee von Macht und Hierarchie heute zu visualisieren? Clegg & Guttmann gingen in ihrer Porträtfotografie in den 1980er Jahren von der Annahme aus, dass es unmöglich ist, neue Posen zu erfinden und „die Variablen der „stillen“ Posen begrenzt sind, und praktisch alles, was man darstellt, mit früheren Bedeutungen gesättigt ist“.[1]

Angesichts der gegenwärtigen Porträts muss dieser Ausgangspunkt wenn nicht revidiert, dann doch neu reflektiert werden. So ist es wohl vor allem die geänderte gesellschaftliche Realität, die Erstarkung der Frauen und ihr Selbstverständnis in Machtpositionen, die diese neuen Porträts anschaulich aufzeigen. Diese Frauen haben zwar die traditionellen Posen und Codes, die geeignet sind, Macht, Einfluss und Status zu visualisieren, angenommen, aber in ihren ganz eigenen femininen Stil umgedeutet und so die Variablen der „stillen“ Posen verändert und den Kanon entschieden erweitert. „Jedes Zeitalter muss seine eigene Art zu porträtieren erfinden, aber eigentlich ist es eher eine Art Wiedererfinden. Und das ist mit dem Medium der Fotografie ziemlich einfach.“ notierten Michael Clegg und Martin Guttmann zu Beginn ihrer Karriere – eine Aussage, die sich in Reflexion ihrer eigenen über 30jährigen Porträttradition mehr als bewahrheitet hat.[2]

 

Text: Fiona Liewehr

 

[1] In: Clegg & Guttmann - Portraits de groupes de 1980 à 1989, CAPC Musée d’art contemporain, Bordeaux, wiederabgedruckt in: Clegg & Guttmann - Modalities of Portraiture, jrp/ringier Zürich, 2013, S. 80

[2] ebenda, S. 82