David Maljkovic -- Temporary Projections

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Temporary Projections, 2011, print, 100 x 150 cm

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David Maljkovic
Temporary Projections
29/06/2011 - 05/11/2011

Georg Kargl Fine Arts präsentiert mit Temporary Projections die zweite Einzelschau des kroatischen Künstlers David Maljkovic. Es ist seine erste in den Haupträumlichkeiten der Galerie.

In seinen Installationen, Videos und Collagen beschäftigt sich der 1973 in Kroatien geborene Künstler David Maljkovic mit Aspekten der ereignisreichen Geschichte seines Landes. Die weitreichenden Konsequenzen der Transformation von einem kommunistischen zu einem kapitalistischen Gesellschaftssystem und die damit verbundenen wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen bilden den Subtext seiner künstlerischen Produktion. Er erkundet dabei die modernistischen Überbleibsel des sozialistischen Jugoslawiens und ihre zukünftigen Möglichkeiten. Mit seiner aktuellen Ausstellung bei Georg Kargl Fine Arts hat David Maljkovic eine experimentelle Reise durch die weiten und komplexen Räumlichkeiten der Galerie unternommen. Durch eine massive architektonische Intervention ist die Galerie nun in einen öffentlichen und einen privaten Raum unterteilt, einen exponierten und einen versteckten Teil. Mit Temporary Projections schafft David Maljkovic eine atmosphärisch aufgeladene Installation, die das Motiv Projektion in seine Bestandteile zerlegt. In diesem medialen Zwischenraum können die Betrachter auf den Spuren von Maljkovics künstlerischer Praxis wandeln.

Fiona Liewehr hat mit David Maljkovic ein Interview über seine Ansätze, seine Motivationen und die spezifische Herausforderung der Galerieräumlichkeiten geführt.

 FL:  Ich habe den Eindruck Temporary Projections ist eine ganz besondere Ausstellung für dich. Du hast wieder zu malen begonnen, und auf den ersten Blick haben diese Arbeiten nichts mit den Hauptthemen deiner künstlerischen Praxis zu tun: Die Geschichte deines Landes zu erforschen, indem du die Auswirkungen modernistischer Vorstellungen des sozialistischen Jugoslawiens auf die Gegenwart und eine mögliche alternative Zukunft hinterfragst. Gibt es da eine Verbindung? Schlägst du neue Wege ein oder beginnst du sogar ein neues Kapitel in deiner Arbeit?

DM:  Temporary Projections bezieht sich auf meinen 16-mm-Film Images With Their Own Shadows von 2008. Es geht nicht so sehr um den Inhalt des Films als vielmehr um sein Prinzip. Gedreht wurde er in dem früheren Anwesen des Künstlers und Architekten Vjenceslav Richter (1917-2002), der ein Gründungsmitglied der Gruppe EXAT 51 war. Im Video sieht man einen schwarzen Bildschirm mit Untertiteln: Man hört Vjenceslav Richter, der über prägende Momente in seiner Karriere als Künstler spricht. Die Tonausschnitte stammen aus dem letzten aufgezeichneten Interview mit ihm und wechseln sich ab mit Szenen, die junge Menschen mit offen stehenden Mündern zeigen – als wären sie im Begriff zu sprechen. Abgesehen vom Geräusch des Projektors hört man jedoch keinen Ton. Die Überschneidungen des Projektorgeräuschs im Film mit dem tatsächlichen Projektor waren ein frappierendes Erlebnis für mich, das ich nun auf den Galerieraum übertrage, wo ich den Ton auf ganz ähnliche Weise verwende. Das Geräusch des Projektors löst das Bild erst aus.

Diese Ausstellung ist eine besondere für mich. Der Ton war in meinen Videoarbeiten und Installationen schon immer wichtig. Ich gehe nun aber einen Schritt weiter, indem ich ihn direkt mit dem Galerieraum verbinde.
Ich sehe diese Ausstellung nicht als eine Rückkehr zur Malerei, und ich habe noch nie darüber nachgedacht, mit dem Malen anzufangen oder aufzuhören. Das Medium an sich spielt für mich gar keine so große Rolle. Die Malereien in dieser Ausstellung sind versteckte materielle Belege. Materiell gesehen sind sie Malerei, aber ich würde sie lieber als Positionen betrachten.

In meiner künstlerischen Praxis ist die Strukturierung der ausgewählten Themen viel wichtiger als die Themen selbst, aber natürlich kann ein Thema die Aufmerksamkeit von jemandem erregen und ihn auf einer äußerlichen Ebene leiten. Ich beschäftige mich nicht besonders mit dem Kontext meiner Arbeit und kann sogar sagen, dass meiner Meinung nach Künstler nur selten den Kontext im Sinn haben, wenn sie ihre Arbeiten machen. Für mich ist jedes Projekt auf eine Art ein ganz neuer Ansatz, und diese Ausstellung ist in meinen Augen eng verbunden mit einigen meiner früheren Arbeiten wie beispielsweise Limited Premeditation von 2003/2004; Arbeiten, die während meines Aufenthalts an der Rijksakademie in Amsterdam entstanden sind und später in einem Künstlerbuch präsentiert wurden. Auch die Arbeit Space Has Happened von 2002 hat eine Verbindung. Ich habe damals Zahlentafeln genommen, die die Polizei beim Fotografieren von Tatorten verwendet, und sie im leeren Galerieraum positioniert.

FL:  Matt Mullican hat diesen Galerieraum mit seinen drei Ebenen und seiner labyrinthischen und heterogenen Struktur als einen „learning space“ bezeichnet. Worin lagen für dich die besonderen Herausforderungen des Raums?

DM:  Natürlich geht jeder Künstler anders an die Räume der Galerie Georg Kargl heran, denn es ist ein sehr persönlicher Raum, und man kann dort nicht einfach ankommen und die Arbeiten abliefern. Durch seinen besonderen Charakter funktioniert Temporary Projections in diesem Raum. In einem reinen White Cube wäre diese Arbeit nicht möglich. Für mich ist es eine Art „traveling space“.

FL:  Du hast die Galerie in zwei Teile geteilt, einen öffentlichen und einen privaten Raum. Du hast Teile von Räumen geschlossen, die normalerweise als Ausstellungsräume genutzt werden, und hast dafür andere Teile geöffnet, die sonst privat und verborgen sind. Selbst im „öffentlichen“ Teil der Ausstellung sind deine Arbeiten versteckt: Du hast einen Linoleumdruck in einer Rolle auf eine Wandhalterung gelegt, kleine Malereien befinden sich hinter einem großen Schirm, wie er normalerweise in Fotostudios verwendet wird, sodass sie nur von der Seite zu sehen sind. Diese Ausstellung ist für jeden Besucher eine Herausforderung. Du hast nicht nur die gewöhnlichen Wahrnehmungsmuster des Raums verändert: Der Besucher muss auch seine Hemmungen überwinden und sich zum Hauptraum der Galerie Zutritt verschaffen, um die ganze Ausstellung zu begreifen. Wie bist du auf diese Idee – dieses Experiment – gekommen?

DM:  Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich diese Räume „öffentlich“ und „privat“ nennen würde, aber man kann es natürlich so sehen. Ich würde eine andere Kategorisierung vornehmen, nämlich die in einen Projektionsraum und in die Projektion. Natürlich ist die Projektion hier mein eigenes privates Atelier. Ich hatte ein ähnliches Gefühl, als ich Images With Their Own Shadows in Vjenceslav Richters Atelier gedreht habe. Sein Atelier ist eigentlich nicht mehr sein Atelier; ab dem Moment, als es für die Öffentlichkeit zugänglich war, wurde es zur Projektion eines Konzepts des Ateliers. Richters Arbeiten und die ganze Szenerie fingen an, wie bei einem Casting zu wirken. Ich beschloss, Temporary Projections ähnlich zu behandeln und sogar noch einen Schritt weiter zu gehen, denn das Atelier ist das Paradigma eines Ateliers, ein Arbeitsraum, der nie wirklich existiert hat. Mein dreimonatiger Aufenthalt im Augarten-Atelier ist für diese Ausstellung ziemlich wichtig, denn das dortige Atelier wurde das Vorbild für das Atelier, was in der Ausstellung zu sehen ist.

FL:  Gibt es ein Interesse an der Austausch- oder Veränderbarkeit der Kategorien „öffentlich“ und „privat“?

DM:  Nein.

FL:  Lass uns zum filmischen Aspekt der Ausstellung zurückkommen. Gleich nachdem man die Galerie betritt, hört man das Geräusch eines 16-mm-Projektors, das einen während des Besuchs begleitet. Das Licht eines großen Fotostudioschirms schafft eine Atmosphäre wie auf einem Filmset, und eine gewaltige Blackbox führt in eine Sackgasse. In der ganzen Ausstellung beschwörst du die suggestive Kraft des Kinos, ohne jedoch Film zu zeigen. Aus meiner Sicht versuchst du in dieser Ausstellung, die Methoden narrativer Konstruktion zu befragen und auf den fragmentarischen Charakter der Realität und dessen filmische Darstellung zu verweisen. Was ist dein besonderes Interesse an dem Medium Film?

DM:  Da stimme ich dir zu, und ich denke, das kommt meiner Absicht ziemlich nah. Es geht sehr um den Projektionsraum. Ich möchte noch einmal den Ton erwähnen. Er hat hier den Zweck, das Bild zu beleben. Dieser Aspekt hat zwei Seiten; einerseits macht das Projektionsgeräusch das Bild suggestiver und aktiviert die statische Szene, während es andererseits der ganzen Szene einen temporären Charakter gibt, da Film immer zeitbasiert ist und immer seine Dauer hat. Die Ausstellung ist ein Streifzug durch die Zwischenräume einer künstlerischen Praxis und der Teilnahme des Besuchers daran.