Figures of Imagination --
Maria Belova, Jona Lingitz, Brooklyn J. Pakathi, Michi Schmidl, Iris Writze
kuratiert von SHE SAID
Eröffnung: 11. November, 18.00 – 20.00
Ausstellung: 12 – 27 November, 2022
Der Wiener Novembernebel ist träge, opak und lässt Kontraste und Konturen in sich verschwinden. Aus den vielen unterschiedlichen Sinneseindrücken einer Situation kann das menschliche Gehirn die Eindrücke filtern, die es zu diesem Zeitpunkt als die Wichtigsten erachtet. Diese Eindrücke werden zum Vordergrund, zur „Figur“, und können so darstellbar gemacht werden. Figur meint zugleich Gebilde, Gestalt, Erscheinung oder Beschaffenheit und lässt sich auch dadurch beschreiben, dass sie, von etwas anderem abgegrenzt, sichtbar oder greifbar wird.
Die Frage, welchen Emotionen, Gedanken und Arbeitsprozessen Gestalt verliehen wird und wie das innere Erleben dessen im Außen sichtbar gemacht und gestaltet werden kann, ist ein verbindendes Moment der Arbeiten in „Figures of Imagination. TRANS…“. Es sind wandelbare Figuren, Begleiter:innen auf einer imaginären Reise durch die Metamorphosen von Körpern und Objekte, die auf existenzielle Riten verweisen. Die Ausstellung wird so zu einer spieler-ischen Form der Bestandsaufnahme von Momenten des Erscheinens, Ausfüllens, Entziehens und Verschwindens sowie des Anpassens an und Verweigerns medialer Aufmerksamkeitsökonomien.
Wenn in der ersten Ausstellung von SHE SAID, der Serie TRANS…, die Verhandlung der Beziehung zwischen Körper und Person im Spiegel mit dem Außen im Raum stand, geht es jetzt vielmehr darum zu verstehen, was der Körper für das Subjekt bedeutet. Wir sehen in der Ausstellung Körper als Simulation, als Werkzeug, als archivierte Hülle, als das, was sich entzieht und als das, was es zu modifizieren gilt. Die Arbeiten vereint ein Moment der Wiederholung und ein Wissen darüber, dass der sichtbare Teil der Arbeit Ausgangspunkt für Imagination dessen ist, was vorstellbar sein wird.
Das oppositionelle “Innere” wird jedoch nicht als begrenzter Raum verstanden, im Gegenteil, gerade hier wird der Raum dehnbar, teilbar, kann sich ausweiten und vielfältige neue Möglichkeiten, Sichtweisen und Ausdrucksformen schaffen, in denen sich die Auseinandersetzung mit Außenwelt und Gesellschaft widerspiegelt.
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Die Bedingungen der eigenen Möglichkeiten werden auch von Michi Schmidl in seiner Arbeit ausgelotet. In seinem Video Portfolio02 inszeniert er sein gesamtes bisheriges Schaffen in Form virtueller Modelle in den Räumen der Universität. Hier verlieren die Arbeiten ihren ursprünglichen Maßstab, expandieren, werden überlebensgroß und raumfüllend. Dieses virtuelle Probehandeln spiegelt sich in seiner modellhaften Erscheinung im Realraum und wird zum Entwurf für mögliche zukünftige Aktionen. Zugleich ist es ein bewusstes Nachdenken über die Voraussetzungen, Bedingungen und Konsequenzen des eigenen Tuns und ein Test spekulativer Möglichkeiten.
Brooklyn J. Pakathi versteht künstlerische Forschung als wesentlichen Bestandteil der eigenen Praxis und sieht sie als Möglichkeit, die Prämissen des eigenen Fühlens und Handelns zu reflektieren. In _on being - (a study on inquiry) initiiert Brooklyn J. Pakathi einen Dialog, der um die Erforschung des Seins kreist. Es ist eine Untersuchung mit offenem Ausgang, die Text, Diagramme, Illustrationen, kritische Visualisierung und andere Forschungsmethoden und Materialien umfasst,- eine Kartographie einer inneren Landschaft, in der abstrakte Begriffe wie Fürsorge, Engagement, Wissen, Verantwortung und Vertrauen als Koordinaten dienen.
Die einzelnen Glieder des kettenartigen Objekts frag[ile/ment] von Iris Writze bestehen aus industriell gefertigten Metallhaken, die unterschiedliche Glieder der Kette verbinden. Diese besteht aus verschiedenen plastischen Elementen, zum einen aus transparenten Ringen und zum anderen aus organischen Objekten, die aus zermahlenen Eierschalen gefertigt sind. Das Objekt sucht die Stärke in der Weichheit, die Widerstandsfähigkeit in der Verwundbarkeit und spricht durch seine unterschiedlichen Referenzen über das Innere und Äußere des Körpers. Auf diese Weise macht es deren Zusammenhänge und vielleicht auch magische Verbindungen zum Thema.
Mit langen Gliedern und hölzernem Kopf hat Jona Lingitz seine Arbeit Impotent Figure geschnitzt, genäht und befüllt. Sie passt sich ihrer Umgebung an, die Puppe kann nicht von alleine aufrecht stehen. Ihr Stoffkörper ist dreh- und faltbar, man kann ihn in viele Positionen bringen. Aber der schwere Kopf aus Lindenholz schränkt gleichzeitig auch seine Beweglichkeit ein. Er ist wie eine Art Anker, der Puppenkörper ist daran festgemacht, wie ein großes Schiff. Präsenz dank ihrer Größe oder Abwesenheit aufgrund ihrer passiven Art sich treiben zu lassen, Simulation oder Sichtbarkeit des Echten?
Ausgangspunkt der Arbeit von Maria Belova sind japanische Haikus, kurze Gedichte, die strengen Regeln folgen und darauf abzielen, subjektive emotionale Erfahrungen in Anbetracht flüchtiger Naturereignisse auszudrücken. Die Künstlerin transformiert und verkörpert diese Gedichte, indem sie sie in Gebärdensprache übersetzt und die daraus entstehenden Linien in Form von Metallobjekten ausführt. Das Wort wird so zur flüchtigen Bewegung, zur ritualisierten Handlung und das Objekt zur Festschreibung dieser Bewegungsabfolge des verschwundenen Körpers.
SHE SAID ist eine interdisziplinäre Skulptur, Künstlerinnen-Kollektiv und konzeptuelles Performance Projekt mit besonderem Interesse für den physischen und digitalen öffentlichen Raum. SHE SAID wurde 2020 als gemeinsames Projekt von Eva Chytilek und Anna Zwingl initiiert, die beiden Künstlerinnen kennen sich von ihrer Lehrtätigkeit an der Universität für angewandte Kunst Wien.
SHE SAID entwickelt multidisziplinäre Projekte mit dem Ziel, persönliches und gesellschaftliches Empowerment zu kreieren. Sie nützt künstlerische Expertise, um vielschichtige ästhetische Strategien zu entwickeln, die über die Produktion von singulären Objekten hinausgehen, um so in unterschiedliche Räume und Wirklichkeiten zu fließen.
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TRANS… Genre, Medium, Kontext, Disziplin, Materialität, Ästhetik, Identitäten, Geschlecht...
Eine Ausstellungsserie der Transmedialen Kunst bei Georg Kargl Permanent
Auf Einladung der Galerie Georg Kargl gestalten Jakob Lena Knebl und das Team der Klasse für Transmediale Kunst eine Ausstellungsserie mit Studierenden im Raum Georg Kargl PERMANENT, von April bis Dezember 2022.
Die siebenteilige Serie wird vom Team der Klasse Transmediale Kunst der Universität für angewandte Kunst Wien kuratiert. In den Ausstellungen werden Arbeiten von Studierenden präsentiert, die eine Verwandtschaft zu der eigenen künstlerischen Praxis sowie Expertise der einzelnen Mitglieder des Teams haben. Mit dem Ziel, die diversen Themenfelder sowie die methodische Vielfalt der Transmedialen Kunst einer breiten Öffentlichkeit sichtbar zu machen.
Ein Projekt der:
Transmedialen Kunst / Jakob Lena Knebl
Universität für angewandte Kunst Wien