Rafał Bujnowski -- Current Works
Rafał Bujnowski, Current Works, Ausstellungsansicht, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
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Rafał Bujnowski, Current Works, Ausstellungsansicht, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
Rafał Bujnowski, Masks, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
Rafał Bujnowski, Masks (Detail), 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
Rafał Bujnowski, Current Works, Ausstellungsansicht, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
Rafał Bujnowski, Stand by Computer, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
Rafał Bujnowski, Current Works, Ausstellungsansicht, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
Rafał Bujnowski, Venetian Blind, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
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Rafał Bujnowski, Current Works, Ausstellungsansicht, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
Rafał Bujnowski, Current Works, Ausstellungsansicht, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
Rafał Bujnowski, Venetian Blind, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
Rafał Bujnowski, Venetian Blind, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
Rafał Bujnowski, Current Works, Ausstellungsansicht, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, Foto kunst-dokumentation.com
ZÄRTLICHES AUSLÖSCHEN
Präsentiert werden in der Ausstellung Current Works Zeichnungen, Fotografien und Malerei – klassische Medien, die Rafał Bujnowski auf die Probe stellt, deren Grenzen er austestet und überwindet. Er prüft, wie gegenwärtige Erfahrung, die permanent der virtuellen Vermittlung unterliegt, in der altbewährten Zeichnung, Fotografie und Malerei Platz finden kann – untersucht, ob diese Medien sie zu tragen vermögen, in der Lage sind, sie in sich aufzunehmen, noch immer über uns etwas aussagen. Der Titel der Ausstellung ist ein sprachliches Readymade, ein hintersinniges Spiel mit dem Begriff der Aktualität, die eine heftige Metamorphose durchgemacht und aufgehört hat, auf banale Art, deskriptiv zu sein, eine neue semantische Schwere erlangt hat, während die Perspektive der Zeit, Stabilität und Gegenwart zusammengebrochen ist, oder um mit den Worten von Karl Marx zu sprechen: „Alles, was fest ist, schmilzt in der Luft.“ Ähnlich wie die Arbeit, die einerseits noch stärker entfremdet, andererseits eine rettende therapeutische Strategie, angesichts eines sich fortwährend verändernden „Hier und Jetzt“, sein kann.
Die Ausstellung eröffnen ideografische Mundzeichnungen – heitere, oft mit einer geübten Handbewegung festgehaltene Münder, die mit Zärtlichkeit und Sehnsucht porträtiert wurden, als stünde zu befürchten, sie könnten sogleich verschwinden. Bujnowski kontrastiert sie mit Fotos von Sand, dessen besonnte Körner ebenfalls eine Mundlinie bilden, was an das Dokumentieren einer ephemeren, ortsspezifischen Installation erinnert, die jederzeit durch einen Windstoß oder einen Regenschauer ausgelöscht werden kann. Die Zeichnungen und Fotografien treten in eine zärtliche, seltsame Beziehung – eine Studie der Sehnsucht und des Nichtvorhandenseins, dem der Prozess des Dokumentierens, des Festhaltens, der Errettung gegenübergestellt wird. Die Münder werden zu Symbolen ungestillter Nostalgie, machen eine Veränderung sichtbar, ihre Verbannung aus dem öffentlichen Raum. Bujnowski versucht, ihre Nähe und Intimität wiederzugewinnen, paradoxerweise sucht er sie in den Sandkörnern, in der Linie, auf der Oberfläche des Papiers.
Im nächsten Raum werden große Gemäldeformate gezeigt – Stand by Computer und Venetian Blind. Das Bild Stand by Computer zeigt einen Computer im Standby-Modus, der auf einem Tisch steht, und einen Stuhl vor dem Hintergrund eines leuchtenden Vorhangs, der in kaltes Himmelblau, Grau, die Farbtöne des Morgengrauens getaucht ist. Protagonist des Bildes ist das Licht und die Temperatur sowie eine komplexe Tonleiter ambivalenter Gefühle, die durch Manipulation der chromatischen Schwärze hervorgerufen werden. Tiefe Vereinsamung, Freude, gepaart mit Angst, eine hypnotisierende Unbekannte, bereit, zu empfangen, was der Tag bringen wird, eine seltsame Zeitlichkeit dieses besonderen Augenblicks – der zugleich entfremdet und stabilisiert. Das Bild ist auch ein gewonnener Malwettstreit. Die Theorie des antiken Agons, bei dem ein alter Dichter gegen einen jungen Dichter antritt, besagt, dass jener den Sieg davonträgt, der von früh morgens an in der ursprünglichsten, der ersten Sprache, mit der Stimme des frühen Adam (des ersten Menschen) spricht. Bujnowski, der mit der malerischen Tradition in einen Dialog tritt, schafft eine neue Qualität – es gelingt ihm, die Kondition des Individuums in der zum Leben erwachenden Welt einzufangen, das uneindeutige Spektrum seiner Gefühle – die Mischung aus Freude und Angst, Einsamkeit und Ruhe, Stabilität und Ungewissheit –, und dies in einer eigenen, neuen Sprache. Die Linie des Computers, des Stuhls und des Tischs – der erzählerische Teil des Bildes Stand By Computer prallt in der Ausstellung mit der Anti-Malerei Venetian Blind zusammen, einer mit Linien gemalten Aussicht auf einen Parkplatz, bestehend aus abstrakten geometrischen Formen, die gleichsam eine posthumane Landschaft zeigen, der jedoch kein Schrecken anhaftet. Diese Abstraktionen erinnern an die Tasten eines Casio-Keyboards oder die Notation der minimalistischen Werke von Philip Glass; es ist die Struktur der Wiederholung, der kalten Ordnung, der Reduzierung. Sie werden im Übrigen in der Ausstellung selbst in Form kleinerer Formate wiederholt.
Bujnowskis Torsi wurden durch eine Technik gewonnen, bei der das Kobaltblau mit einem Handtuch abgewischt wird – durch Wegnehmen der Farbe, bis die Form hervortritt. Sie ähneln den ersten Daguerreotypen, eher sogar Hippolyte Bayards Selbstporträt als Ertrunkener. Die hypnotische Kraft dieser Bilder hat ihren Ursprung im Licht, das, wie bei den ersten Fotografien, für ihre Entstehung entscheidend ist. Bei den Daguerreotypen zählte die Belichtungsdauer des Modells, bei Bujnowski die Präzision des Wegnehmens.
Den Abschluss der Ausstellung bilden mit schmutzigen Ölpinseln auf Küchenpapier gemalte Porträts von Menschen mit bedecktem Mund (Masks). Der Betrachter, der näher herantritt, um die Form zu identifizieren, die aus dem Fleck sichtbar wird, spiegelt sich im Glasrahmen – mit Maske, nur Herr über den eigenen Blick, auf dessen Grund Angst schwelt, die eine bittere Coda ist zu den enthüllten Mündern aus dem ersten Raum.
Bujnowski zeigt, dass es, um über uns etwas auszusagen – Sehnsucht, Furcht, Angst, Freude, das nicht verschwinden wollende Gefühl des Nichtvorhandenseins auf ergreifende Weise zu sezieren – keiner zusätzlichen, überschüssigen komplizierten Narrationen bedarf – es genügt mit Zärtlichkeit etwas wegzunehmen, abzuwischen, auszulöschen.
Michał Łukaszuk