Richard Zeiss -- The Speed of Light

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Richard Zeiss
The Speed of Light
17/11/2010 - 08/01/2011

Nachdem Richard Zeiss’ Arbeiten bereits im Jahr 2007 im Rahmen der Gruppenausstellung „This is Happening“ bei Georg Kargl Fine Arts zu sehen waren, zeigen wir nun eine Einzelpräsentation des Künstlers in der Georg Kargl BOX.

Der in London lebende Künstler arbeitet fast ausschließlich in Serien, die auf einer zentralen Idee oder einem bestimmten Motiv beruhen. Ausgangsmaterial sind meist Fotografien, Film, Fernsehen, Internet und persönliche Sinneseindrücke, die in großformatige und farblich reduzierte Leinwandserien übersetzt werden. Wie der Ausstellungstitel „The Speed of Light“ bereits andeutet, spielen Geschwindigkeit und Licht eine zentrale Rolle in seinen Arbeiten.

Sein Interesse gilt der medialen Berichterstattung und deren Einfluss auf unsere Wahrnehmung. Der Statuswechsel vom analogen zum digitalen Bild leitet einen Wandel im Umgang mit Bildern ein; so postuliert Paul Virilio bereits in den frühen 90er Jahren, als das Internet noch in den Kinderschuhen steckte, eine zunehmende Beschleunigung und Überreizung des Menschen durch die Technologisierung. Es kommt zu einer Veränderung der Sinneswahrnehmung und des Bewusstseins. Das Sehen wird beschleunigt und der Blick verändert sich. Die Faktoren Zeit und Geschwindigkeit spielen hierbei eine wesentliche Rolle, denn durch den ruhelosen Blick geraten die Bilder in Bewegung und „stürzen in die Zeit“.[1] Dieser Effekt hat zur Folge, dass sich die Bilder in zeitliche Wahrnehmungsabschnitte aufteilen, die unabhängig von Raum und Zeit existieren, und dies schließlich zu deren Auflösung führt.

Das ursprüngliche Ausgangsmaterial, die Fotografie aus einem Zeitungsartikel, ein Film und kurze Wahrnehmungssequenzen einer Situation, wird aus dem Kontext gerissen und zu punktuellen Sinneseindrücken, die sich jeglicher Einschreibung entziehen. So gelingt es Richard Zeiss einen neuen Raum zu schaffen, der von seiner ursprünglichen Konnotation freigestellt ist. Das Verschwinden wird zugleich die Bedingung für das Erscheinen von etwas ‚Neuem’, oder wie Virilio schreibt: „[...] in der Ästhetik des Verschwindens setzt sich das Unternehmen des Erscheinens fort.“[2]

Unterstützt wird dieser Umstand durch die sehr reduzierte und archaische Formensprache der Gemälde. Die modernistische Ästhetik, die an den Minimalismus und Colourfield Paintings erinnert, wendet Richard Zeiss gezielt an, um den Informationsverlust, den ein Bild auf dem Weg durch die digitale Welt bis hin zur Leinwand erfährt, zu veranschaulichen. Gleichzeitig steht diese reduzierte Umsetzung und der aufwendige Herstellungsprozess der Gemälde mit selbst angefertigter Eitemperafarbe in Widerspruch zu dem sowohl inhaltlich als auch formal komplexen und auf den neuesten Herstellungstechnologien beruhenden Ausgangsmaterial.
Im Verhältnis zwischen Unsichtbarem und Sichtbarem wird hier das Licht zum Hauptakteur der Inszenierungen. Gezielt setzt Zeiss Lichtquellen als ästhetisches Prinzip und als Mittel zur Unterstreichung seiner dunklen, unheimlich wirkenden Szenerien ein. Das Gefühl des Unheimlichen regt sich nach Freud in jenen Momenten, in denen hinter dem Vertrauten und Gewöhnlichen eine irritierende, angsterfüllte Dimension hervortritt und sich ins Unheimliche wendet.[3]

Text: Jane Weiss

[1] Paul Virilio, Die Eroberung des Körpers. Vom Übermenschen zum überreizten Menschen, Wien 1994, S. 310.

[2] Paul Virilio, Ästhetik des Verschwindens, Berlin 1986, S. 59.

[3] Sigmund Freud, „Das Unheimliche“, Gesammelte Werke, Bd. 12, hg. Anna Freud, Frankfurt am Main 1947, S. 235f.