Comizi d´Amore -- Renée Green
curated by Cathrin Mayer
as part of curated by 2023
Für ihre Ausstellung Commemorative Toile in der Galerie Metropol im Jahr 1993 zeigte Renée Green eine Reihe von Werken, die sie in Nantes zu entwickeln begann, wo sich im 18. Jahrhundert ein wichtiger Sklavenhafen befand. Sie begann, die Herstellung von Toile zu untersuchen, ein Baumwollstoff, der mit pastoralen und historischen Szenen verziert ist, die gewöhnlich einfarbig mit einer Kupferplatte gedruckt wurde. Sie fand heraus, dass im 18. Jahrhundert unter anderem in der Umgebung von Nantes in großem Umfang Toile produziert wurde. Der Stoff wurde als Handelsware im Atlantikhandel verwendet. Der Reichtum, auf dem die Stadt Nantes gegründet wurde, stammte ursprünglich aus diesem Handel. Toile selbst hat eine interessante Geschichte. Zu einer Zeit war er sogar in Frankreich gesetzlich verboten, weil seine Beliebtheit den Seidenhandel reduzierte. Green begann, die Motive zu untersuchen, die auf verschiedene dieser Stoffe gedruckt waren. In der Residenz, in der sie wohnte, einem alten Schloss, fand sie ein Sofa, das mit einem Stoff gepolstert war, auf dem Szenen von George Washington und der indigenen amerikanischen Bevölkerung abgebildet waren. Der spezifische Stoff wurde als "Indian" bezeichnet. Als Green in die USA zurückkehrte, begann sie, die Stoffe selbst zu produzieren. Während ihres Aufenthalts im The Fabric Workshop and Museum in Philadelphia im Jahr 1992 entwarf sie ihr eigenes Muster für Stoffe und Tapeten, basierend auf einem regionalen Blumenmotiv, das verschiedene romantisierte heterosexuelle Paare zeigte und von ähnlichen Drucken inspiriert wurde, die sie in Frankreich gesehen hatte. Für die Gestaltung ihrer Siebdruckentwürfe machte sich Green die Logik und Geschichte der Toile Produktion selbst zunutze: Dank der Verbreitung europäischer Gravurtechniken waren französische Kunsthandwerker:innen im 18. Jahrhundert in der Lage, Bilder aus verschiedenen Quellen zu mischen, anzupassen und neu zu kombinieren, um neuartige Muster für ihre Stoffe zu entwickeln. Das Siebdruckverfahren ermöglicht eine noch größere Bandbreite und Anzahl an Kombinationen, da es auf Techniken der fotomechanischen Reproduktion basiert. Die Künstlerin wählte Bilder mit einem ganz anderen Inhalt, der die Schwarze Präsenz sichtbar macht, die die Geschichte des Stoffes prägte. Das Bild einer schwarzen Nonne stammt aus dem 1823 veröffentlichten Roman Ourika von Claire Duras.
Der Roman befasst sich mit Themen der rassischen Identität und gesellschaftlichen Erwartungen im Frankreich des 19. Jahrhunderts. Er erzählt die Geschichte einer jungen Schwarzen namens Ourika, die nach Frankreich gebracht wird, in aristokratischen Kreisen aufwächst, aber mit ihrem Rassenbewusstsein und ihrer inneren Zerrissenheit zu kämpfen hat und schließlich in einem Kloster Trost sucht.
Zu den weiteren Illustrationen gehört die Darstellung einer schwarzen Venus, die anmutig aus einer Muschel entsteigt und von verspielten Putten umgeben ist. Ein anderes Bild porträtiert eine Szene aus der haitianischen Revolution. und zeigt das Schicksal eines Franzosen, der an einer haitianischen Hand hängt. Ein Stich, der auf den „Code Noir“ anspielt, ein französisches Gesetz, das 1685 erlassen wurde, um die Rahmenbedingungen für die Sklaverei im französischen Kolonialreich festzulegen. In sechzig Artikeln schränkte dieses Dekret die Handlungsfreiheit der Sklaven ein, verlangte die ausschließliche Ausübung des römischen Katholizismus und verbot Juden den Aufenthalt in den Kolonien. Dies diente dazu, die Souveränität Frankreichs zu betonen und das lukrative Geschäft der grausamen Zuckerplantagenwirtschaft zu sichern. Eine überarbeitete Fassung wurde 1724 erlassen und auch in Louisiana anerkannt. Der „Code Noir“ verurteilte Sklav:innen zur rechtlichen und politischen Unsichtbarkeit, um Gehorsam zu erzwingen und Aufstände zu verhindern. Zwar gab es Bemühungen, Sklaven zu schützen, diese wurden jedoch selten konsequent durchgesetzt, und gesetzeswidrige Kolonialherren blieben oft ungestraft.
Die Studie führte zur Schaffung multimedialer Installationen mit Textilien, Möbeln, Videos, Musik, Modellen und Stoffen. Diese Installationen nahmen an verschiedenen Orten auf der ganzen Welt unterschiedliche Formen an und erinnerten oft an die vertraute Atmosphäre eines Salons oder eines Museums, das der dekorativen Kunst gewidmet ist. In seinem Artikel Renée Green’s diasporic imagination (2013) beschreibt Huey Copeland die Installation in der Galerie Metropol als ihre bis dato umfangreichste Iteration und beschreibt sie wie folgt:
“In the first room of the installation, which looked onto the street through four large plate glass windows, the artist included drapery, wallpaper, and furniture to make it seem like a decorative arts display, antiques showroom, or formal sitting area complete with “chorical” music by Händel, Schönberg, and Mozart, whose portrait hung on the wall. The second area was more akin to a domestic interior with a TV showing Green’s video of one of her trips to Cleveland and with a soundtrack provided by the contemporary band Siouxsie and the Banshees. The second room was accessible through the first not only in terms of its spatial connection but also through visual means: the far left storefront window revealed a chair against a toile backdrop framed by curtains through which one could see- via another circular hole - the video playing in the second room. In addition, the communicating passageways between rooms were decorated with a series of framed sections of the fabric.”