Camila Sposati -- Phonosophia
Camila Sposati, Phonosophia, exhibition view, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo kunst-dokumentation.com
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Camila Sposati, Phonosophia, exhibition view, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Phonosophia, exhibition view, 2021, courtesy the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Phonosophia, 2021, exhibition view, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Phonosophia, 2021, exhibition view, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Earth Guts (score), 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Earth Guts (score), 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Earth Guts (score), 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Ring, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Ring, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Phonosophia, 2021, exhibition view, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Guts, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Guts, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Guts, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Guts, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Guts, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Solua, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Solua, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Flute duck, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Flute rabbit, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Flute, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Phonosophia, 2021, exhibition view, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Activation, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Camila Sposati, Activation, 2020, courtesy of the artist and Georg Kargl Fine Arts, © Georg Kargl Fine Arts, photo: kunst-dokumentation.com
Das Video zur Ausstellung können Sie hier ansehen.
Münder, Ohren und Schwerkraft
Camila Sposati Phonosophia, gelesen von Aziza Harmel
“Sounds have curled up inside themselves, withdrawn their snail’s eyes; the orchestra of the world has departed, vanishing into the park.”
Olga Tokarczuk, Flights
Der Ausgangspunkt des Projekts Phonosophia ist Camila Sposatis Interesse an der Essenz von Innenleben und Stratifikation: dem Zentrum der Erde als unbekannte Zone, in der Energiestränge kollidieren und Schwerkraft erzeugen. Mittels diverser epistemologischer Systeme erforscht Sposati Transformationen und Energietransfers auf mikroskopischem, wie auch globalem Niveau, dazu zählen beispielsweise das Wachstum von Kristallen in Laboratorien oder die dynamische Geologie der Erdoberfläche an verschiedenen Orten. Dieser Fokus führte Sposati zur Entwicklung des Earth Anatomical Theatre, welches sie für die dritte Bahia Biennale 2014 erbaute. Um von Phonosophia zu sprechen – einem Projekt, welches sich aus Zeichnungen, Instrumenten, Aktivierungen und Partituren zusammensetzt – ist es notwendig, das Earth Anatomical Theatre zu verstehen. Dieses temporäre kegelförmige, unterirdische Theater nimmt Bezug auf das allererste anatomische Theater: das Anatomische Theater im Palazzo Bo der Universität Padua. 1594 entwarfen der Anatom Hieronymus Fabricius, der Theologe Paolo Sarpi und der Architekt Dario Varotari der Ältere das Theater einer maximalen Publikumskapazität entsprechend, um das Spektakel der Leichendissektion möglichst vielen Zusehern zu ermöglichen.
Der Akt des Grabens eines Loches, um in Bahia ein Theater zu bauen (welches ein Jahr später abgebaut und wieder zugeschüttet werden würde), zeigt außerdem, wie koloniale Rechtssysteme und spätkapitalistische Strukturen die Logik der Extraktion unterstützen. Der Bergbau gehört zu den wichtigsten Industrien der brasilianischen Wirtschaft und wirkt sich desaströs auf die Umwelt und die indigene Bevölkerung des Amazonas, welche diese Terrains noch vor kolonialen Zeiten bewohnte, aus. Sposati erkennt an, dass die Erde sich erinnert und wiedergibt, folglich existiert ein Verhältnis zwischen der Anatomie der Erde und der Notwendigkeit der Reflexion über das Innere – den Organen der Erde.
Die Instrumente evozieren und beschwören die Strukturen und Funktionen der menschlichen Organe herauf: Gedärme, Leber, Larynx, Lungen. Dennoch beziehen sich diese Objekte nicht auf sich selbst, sondern sind als Subjekte zu verstehen, so wie die Zeichnungen keine bloßen Darstellungen der Instrumente sind, sondern mit ihnen sowohl potentiell wie auch bewusst koexistieren. Sposati löst sich von einer bestimmten Wahrnehmungsart und erforscht an deren Stelle ein Verständnis der Welt, dem diverse Zugänge zum menschlichen Körper und seinen Funktionen zugrunde liegen. So reflektiert Sposati darüber, wie Bedeutung jenseits von Wissensdrang und Nichtverstehen zirkuliert.
Die Ausstellung in der Georg Kargl BOX trifft sich mit der von Diedrich Diederichsen und Oier Etxeberria kuratierten Ausstellung Cypernetics of the Poor in der Kunsthalle Wien, in der Sposatis Phonosophia ebenfalls gezeigt wird. In Cybernetics of the Poor sieht man einige der Instrumente Sposatis auf einem runden Holzpodest von einer Wand umgeben. Auf diese hat die Künstlerin Partituren gezeichnet, die für mögliche Aktivierungen gedacht sind. Für Sposati sind Aktivierungen eine latente, sichtbare oder auch unsichtbare, Interaktion binnen der Konstellation dieser Arbeit, innerhalb eines gegebenen Kontexts. Jedes Element ist ein Gefäß für einen potentiellen späteren Gebrauch. Diese Potenzialität geht weit über das, was eventuell passieren könnte, hinaus. Sie dient als Bestätigung für den konstanten Fluss der Energien, die uns umgeben. Durch die Aktivierung entsteht ein Umfeld für einen solchen Fluss, der weder zufällig noch vorbestimmt ist. Ein solcher Dialog entsteht auch zwischen den beiden Werkgruppen in den zwei sich an verschiedenen Orten derselben Stadt befindenden Ausstellungen. Sie aktivieren sich gegenseitig, abseits jeglicher Metaphorisierung.
Spricht man von diesen Instrumenten, so ist man versucht, den Begriff an Animismus zu verwenden. Ich werde allerdings auf die zentrale Idee in Sposatis Werk, die der Intention, eingehen. Nicht der Klang, den das Instrument erzeugt, inspiriert seine Form, sondern die Intention der Künstlerin, das Material, mit dem sie arbeitet, und seine Möglichkeiten. Sie verwendet Ton als formbare Materie, die für ihren Schaffensprozess ausschlaggebend ist, befasst sie sich doch stets mit Feuchtigkeit, Transformation und Energie. Während des gesamten Prozesses, der sich als intim und fragil charakterisieren lässt, ist der Ton als Membran aufzufassen, durch den ein konkreter Transfer von Energien stattfindet. Das Material wird durch seine eigene poröse Viskosität animiert und dient somit als Ort des Austauschs, durch welchen hindurch Inhalt und Potentialität des Inhaltes zirkulieren.
Zwar nicht als konkretes Ziel, immerhin aber als Erforschung und tiefe Aufmerksamkeit gegenüber dem, was innerhalb passiert und als Reflexion entsteht, wenn man über das Instrument und seine Umgebung sinnt.