Andreas Fogarasi -- Georgetown
„Georgetown“ - so der Titel von Andreas Fogarasis zweiter Einzelausstellung bei Georg Kargl und seiner ersten umfangreichen Präsentation in den Haupträumen der Galerie. Ein Ausstellungstitel, der sich jedoch nicht allein in der Referenz und der Respektsbekundung gegenüber dem Galeristen und seinem steten Bemühen um den Aufbau seiner eigenen Institution als Marke und die (Weiter) entwicklung des Freihausviertels, als Ort kultureller Vielfalt und Identität begründet.
Georgetown ist zugleich einer der weltweit populärsten und in den USA einer der häufig verwendetsten Ortsnamen. Ein Umstand der sich der englischen Kolonialgeschichte und den Namen der damals herrschenden Könige verdankt.
Im Gesamtkontext zu Fogarasis kritischer Praxis Fragestellungen um die Veränderung der Stadt und des öffentlichen Raums, seine Imagebildung und unsere Wahrnehmung davon in räumlichen Interventionen, Fotografien, Objekten oder typografischen Untersuchungen zu verhandeln, ist der Ausstellungstitel Bestandteil des Konzepts. Distribuiert durch diverse Werbemedien, gedruckt auf dem Ankündigungsschild über den Eingang der Galerie suggeriert er ein von außen nicht sichtbares, im Verborgenen blühendes Universum, das sich im Durchwandern der weitläufigen, sich auf drei Ebenen erstreckenden Räume erschließen mag. „Georgetown“ ist anmaßende Behauptung und Kritik zugleich. Denn mit welchen Strategien versucht sich ein Privatunternehmen, eine öffentliche Institution eine Region, eine Stadt oder ein ganzes Land zu repräsentieren und ökonomisch zu vermarkten, wie funktioniert Imagebildung und welchen visuellen Codes bedient man sich dabei?
In seinem seit 2003 laufenden Project Public Brands wirft Fogarasi einen sezierenden Blick auf Logos, Signets und Slogans von Regionen und Städten, die sich von strategisch-ökonomischen Überlegungen getragen durch die Betonung von Alleinstellungsmerkmalen voneinander abzugrenzen suchen. So lässt Fogarasi in seinen Videos Deutsche Städte und La France die in akribischer Recherche zusammengestellten Logos deutscher Städte und französischer Regionen in alphabetischer Reihenfolge ablaufen. Er verweist nicht nur darauf, wie ausdifferenziert unterschiedliche Identitäten städtischer und lokaler Räume kommuniziert werden, indem Architektur, historische Baudenkmäler, markante landschaftliche Bezugspunkte oder berühmte Persönlichkeiten grafisch reduziert für die Selbststilisierung instrumentalisiert werden. Fogarasi homogenisiert die Logos durch die Formatierung auf eine einheitliche Größe und die Reduzierung auf schwarz/weiss und führt somit auch vor Augen, wie sich in den letzten Jahrzehnten das aus Differenzierungszwang heraus entstandene Konzept des Brandings durch die überhandnehmende Werbeflut selbst ad absurdum geführt hat. Die Erschaffung des Images von privaten wie öffentlichen Unternehmen, Städten und Ländern ging auf Kosten der Komplexität seines Gegenstandes und ließ chimärenhafte Schablonen zurück, die weder dazu geeignet sind, Vielschichtigkeit oder Widersprüchlichkeit zu transportieren noch den Absender eindeutig identifizierbar zu machen.
In der Zeichnungsserie Städte setzt sich Fogarasi in der stets gleichen Typografie mit den verkürzten und verdichteten Überbegriffen und Slogans von Städten auseinander. Die ewige Stadt, Die Hauptstadt des 19. Jahrhunderts, City of Lights, City of Magic, Weinstadt, Bierstadt, Wasserstadt: ein Nebeneinander von Klischees und Mythologisierungen, die subjektive Begehrlichkeiten erzeugen und in ihrer Verallgemeinerung auch deutlich machen können, dass Images instabil und transferierbar sind.
Zahlreiche Arbeiten von Andreas Fogarasi setzen sich mit der Frage nach der Rolle von Architektur im Wettbewerb um urbane Statussymbole auseinander. Architektur ist aufgrund des Druckes globaler Städtekonkurrenz zunehmend einer ökonomischen Verwertungslogik unterworfen. Sie ist Träger des Repräsentationswillens von privaten wie öffentlichen Unternehmen und Städten und formt aufgrund seiner symbolischen Verweiskraft deren Image. In der Installation Wise Corners verteilt sich eine Fotoserie von Gebäuden of zehn Marmorwinkel, die aufgrund ihrer Massivität und einheitlichen Ausrichtung wie eine wehrhafte Gruppe den Oberlichtsaal der Galerie raumfüllend besetzen und ein dem gewohnten räumlichen Bezugsystem zuwiderlaufendes Wahrnehmungserlebnis eröffnen. Sie sind Skulptur, Monument, Display, Architekturelement zugleich, die über das Material Referenzen auf Repräsentationsarchitekturen aufweisen. Die auf den Marmorwinkeln affichierten Fotografien zeigen nie eine Gesamtansicht von Gebäuden, sondern immer nur Ausschnitte, dessen Fokus auf Materialien, auf Oberflächenstrukturen oder Blickachsen liegt. Fogarasi extrahiert und dokumentiert Details, rückt scheinbare Nebensächlichkeiten ins Zentrum, die durch ihre Allgegenwart oft unter die Schwelle bewusster Wahrnehmung geraten und verdichtet sie zu Zeichen, in denen sich Form, Konzept und Inhalt unauflösbar miteinander verschränken und als Referenz Arrangements ein dichtes Assoziationsnetz knüpfen.