Jitka Hanzlová und Marianne Mueller -- D R I F T

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Jitka Hanzlova und Marianne Mueller, Drift Drift Drift, Ausstellungsansicht, 2022

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Jitka Hanzlova und Marianne Mueller, Drift Drift Drift, Ausstellungsansicht, 2022

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Jitka Hanzlova und Marianne Mueller, Drift Drift Drift, Ausstellungsansicht, 2022

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Jitka Hanzlova und Marianne Mueller, Drift Drift Drift, Ausstellungsansicht, 2022

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Jitka Hanzlova und Marianne Mueller, Drift Drift Drift, Ausstellungsansicht, 2022

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Jitka Hanzlova und Marianne Mueller, Drift Drift Drift, Ausstellungsansicht, 2022

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Marianne Mueller, Expertise (green), 2021, gefundene glasierte Keramik, versilberte Kette, 63,5 x 9 x 7 cm

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Jitka Hanzlova und Marianne Mueller, Drift Drift Drift, Ausstellungsansicht, 2022

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Jitka Hanzlova, Serie EIS #1 - #9 untitled, 2018, C-Print, 44 x 29 cm, Ed. 8

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Jitka Hanzlova und Marianne Mueller, Drift Drift Drift, Ausstellungsansicht, 2022

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Jitka Hanzlova und Marianne Mueller, Drift Drift Drift, Ausstellungsansicht, 2022

Jitka Hanzlová und Marianne Mueller
D R I F T
12/03/2022 - 30/04/2022

D R I F T
Jitka Hanzlová, Marianne Mueller

Ausstellung: 12. März – 30. April, 2022

Eine Drift ist eine durch den Wind erzeugte Strömung an der Meeresoberfläche oder eine Abweichung vom Kurs durch den Wind. Im Englischen tritt die Konnotation einer allgemeine Entwicklung hinzu, die langsame Veränderung von einer Situation zur anderen: Etwas in Realzeit kaum zu Bemerkendes, das erst im Vergleich des einen Augenblicks oder Zustands mit einem anderen zutage tritt. Eine langsam eintretende, stetige Veränderung eines Merkmals oder Zustandes ohne Änderung der äußeren Einflüsse.

Die gemeinsame Ausstellung von Jitka Hanzlová und Marianne Mueller kreist um solche sich verändernden Zustände von Organik und Substanz, um Verdichtungen und Metamorphosen, langsame Erosion, um das Fließen und Frieren des Wassers, die Flüchtigkeit der Wolken. Der Fotografie als Konzentration der Zeit im fixierten Augenblick steht die Skulptur gegenüber, die in der Statik die Bewegung suggeriert. Es sind im weitesten Sinne liquide Momente, die hier Ausdruck finden: Wasser in seinen unterschiedlichen Aggregatzuständen, das zur tableauhaften Fläche oder zur erstarrten Form wird. 

Als fluides Medium steht es für eine Temporalität, die in der Strömung, den Gezeiten oder im langsam schmelzenden Eis anschaulich wird. Und doch ist diese Flüchtigkeit des Wassers, von Gefrorenem oder Wolkenformationen oft nur zu sehen, wenn die Kamera sie bewahrt und aus dem Kontinuum der Zeit isoliert. Wenn sie die Bewegung des selbst formlosen Wassers arretiert, wird etwas sichtbar, das sich der Betrachtung im Realen zu entziehen scheint. Jitka Hanzlovás über einen Zeitraum von sieben Jahren entstandene Serie »WATER« mit ihren Kapiteln »Aggregat«, »Eis«, »Silent Blue«, »Dark Human« und »Ur« fächert auf, was solche Fotografien sein können: Landschaftsbild, Projektions- und Reflexionsfläche, Allegorie. Stets im Hochformat angelegt, wirken sie manchmal wie Porträts. Diese sachlichen, nie distanziert wirkenden Bilder zeigen ein Element als visuelle Formation und dringen ein in die Schichtungen, Erosionen und Zeitschnitte, die sich in den Wellen, den Wolken, in Regen, Schlamm, im Eis oder auch dem dunklen Fell eines Tieres artikulieren. Es sind Bilder ungemeiner Schönheit von großer Intensität. Ihre Farbigkeit findet für die Dichte des Ozeans, die Transparenz des flachen Gewässers oder das sich spiegelnde Licht auf der Oberfläche fast surrealen Ausdruck. Jitka Hanzlová bleibt jedoch Dokumentarin mit präzisem Blick für das, was nur zum Zeitpunkt, zu dem das Bild entsteht, so ist, wie es ist. Der Ausschnitt rahmt dieRealität und bringt nahe, was fern ist: eine selbstgenügsame Natur in ständiger Transformation, die den Menschen nicht braucht, dessen Eingriffe sie vielmehr bedrohen. Das alles entfaltet sich in großer Evidenz ohne jedes Narrativ, allein in der Präsenz imposanter, aber auch stiller, fragiler Momente. 

Marianne Muellers skulpturale Arbeiten treten mit diesen visuellen Verdichtungen in einen Dialog und geben ihm eine räumliche Resonanz. Über ihre Volumina erzeugen sie eine abstraktere, aber nicht weniger evokative Repräsentation von Materie und arretieren das Flüchtige trotz ihrer soliden Präsenz im Raum. »Phantom« nennt sich eine Skulpturengruppe aus amorphen Keramiken, glänzend lasiert, deren Sockel aus den Gestellen von Sesseln, Hockern oder aus Transportrollern jene Drehscheiben waren, auf denen die Werke entstanden sind. In lockerer Formation über den Raum verteilt, wirken sie wie Gespenster und Geister, Verkörperungen von Erscheinungen, wesenhaft präsent und doch wie Spuren einer Erinnerung. Marianne Mueller lässt sich von der Natur des Materials, das sie bearbeitet, leiten, lässt dem Zufälligen des Herstellungsprozesses Raum und schafft Formen, die selbst Spur sind, zeithafte Manifestation und im Werden erstarrte Figuration. Sie wirken organisch in ihrer schimmernden Glasur oder trotz ihrer Fremdheit vertraut wie die plastische Gischt des in eisigem Wasser erkalteten Bienenwachses des »Cosmic Drift« oder der »Cosmic Wave«. Sie wuchern als Pilz , erinnern an Lautsprecher oder Sensoren und betten sich ein in den Raum, der zu ihrem temporären Habitat wird. 

Jitka Hanzlovás Bilder von im Eis erstarrten Formationen, von grandiosen Wolkenformationen, vom Fließen, von Struktur und deren Auflösung finden hier ein plastisches Gegenüber. Was wird sichtbar, was verändert sich? Im Mit- und Nebeneinander entsteht eine intuitive Textur von Bezügen, die sich vervielfältigen, brechen, ineinander spiegeln. Das Anziehende, Gefährliche und Gefährdete liegen nah beieinander. Und in diesem Kosmos aus Werden und Vergehen, Fließen, Erkalten und Erstarren, diesem sich stets weiter entwickelnden Biotop aus Dichte, Transparenz, Licht und Farbe entsteht letztlich auch jene »Drift«, die sichtbar macht, was selbstverständlich scheint und es doch nie ist: Etwas, das wir erneut Kennenlernen müssen, um zu verstehen, worin seine eigentliche Bedeutung liegt.