Feedbackstage --

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Ausstellungsansicht, Christian Marclay & Jon Kessler, 2009

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Ausstellungsansicht, William Engelen, 2009

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Ausstellungsansicht, Peter Weibel & Erwin Thorn, 2009

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Ausstellungsansicht, Michael Gumhold, 2009

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Ausstellungsansicht, Bernhard Leitner, 2009

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Ausstellungsansicht, Albert Mayr, 2009

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Ausstellungsansicht, Albert Mayr, 2009

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Ausstellungsansicht, Bernhard Leitner, Erwin Thorn, Gerwald Rockenschaub, 2009

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Ausstellungsansicht, Bernhard Leitner, 2009

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Ausstellungsansicht, Stephen Prina, Idris Khan, 2009

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Ausstellungsansicht, Stephen Prina, 2009

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Ausstellungsansicht, Cory Arcangel, 2009

Feedbackstage
16/01/2009 - 07/03/2009

Cory Arcangel, Janet Cardiff/George Bures Miller, William Engelen, Michael Gumhold, Jon Kessler, Idris Khan, Bernhard Leitner, Christian Marclay, Albert Mayr, Stephen Prina, Gerwald Rockenschaub, Erwin Thorn, Peter Weibel 

kuratiert von Fiona Liewehr 

„Alles ist Musik“ (John Cage)

Die Ausstellung FEEDBACKSTAGE stellt den Versuch dar, sich der Aufhebung der Grenze zwischen Abgeschlossenem und Unvollendetem zu widmen. Sie soll Absage sein, an die totale Determination eines realen, durch zeitliche und räumliche Grenzen definierten Werks und deren sinnlich begrenzter Rezeption und stellt den Wunsch dar, einen Diskurs ohne präzise Grenzen zu entwickeln. In unterschiedlichen Medien wie Installation, Photographie, Video und Zeichnung setzen sich die gezeigten Künstler mit Musik und ihrem „Instrumentarium“ wie Taktierung der Zeit, Improvisation und Interpretation, Performance oder Notation von Geschichte und Erinnerung auseinander.

Eine Ausstellung zum Thema Musik und bildende Kunst zu kuratieren stellt in mehrerer Hinsicht eine Herausforderung dar. Vor dem Hintergrund der avantgardistischen Strömungen des frühen 20. Jahrhunderts mit ihrem in Manifesten und theoretischen Schriften geführten Diskurs über die Auflösung von Gattungsgrenzen zwischen Musik, Theater, Film und bildender Kunst besteht die Gefahr formalistisch oder dogmatisch zu werden und einem neuerlichen Aufbau von hierarchischen Verhältnissen zwischen Diskursivem und Visuellem zu verfallen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird John Cage zu der Vermittlerfigur zwischen bildender Kunst und Musik, indem er den Begriff Musik „zertrümmert“ und für benachbarte Disziplinen geöffnet hat. Sein Prinzip des „kalkulierten Zufalls“ und die durch die in der Fluxusbewegung verfolgte Aufforderung des „do it yourself“ führte zu einer Erweiterung und fast unauflöslichen Vermischung der Bereiche. So versteht Bernhard Leitner - ursprünglich aus der Architektur kommend - den Klang als Baumaterial, indem er in seinen wissenschaftlichen Versuchanordnungen die Auswirkungen von Klangarchitektur auf die Physis des Rezipienten untersucht. Er zieht neue Grenzen in der Wahrnehmungsstruktur ein, indem er den Raum in Zonen untergliedert, in denen bestimmte Töne gehört und gefühlt werden und in Zonen, die sich außerhalb des Gehörten befinden.

Performative und aktionistische Strukturen der Fluxus- und Happeningbewegung, die bis zur Zerstörung von Musikinstrumenten unter gewaltigem körperlichen Einsatz reichten, waren sowohl auf der Rockbühne als auch im Ausstellungsraum allgegenwärtig. Doch wie weit können die auf Destruktion und Dekonstruktion der Repräsentationskultur und des Establishments der klassischen Musik gerichtete „anything goes“ Strategien führen, bevor sie beliebig werden?

Die Arbeiten des Künstlers und Experimentalmusikers Christian Marclay sind konsequente Untersuchungen über unterschiedliche Arten von Klang. Der Künstler konzentriert die Aufmerksamkeit in den ausgestellten Arbeiten nicht auf dessen hörbare Qualitäten, sondern auf die Art und Weise, in der Klang visualisiert und in andere Formen übersetzt wird. Der junge Künstler Albert Mayr spielt in seiner aus Computerhardwareteilen und Elektronikschrott zusammengesetzten Installation wiederum auf die performative Inszenierung von Musik an, wie man sie von Punk- und Rockkonzerten kennt. Das Setting erinnert an eine soeben verlassene Bühne, auf der die nachhallenden Klänge die energetischen Affekte wachrufen, die man nach dem Konzert erinnert.

Auf die Aufsehen erregende Darbietung von Star Spangled Banner von Jimi Hendrix auf dem legendären Woodstock Festival von 1969 spielen die Arbeiten der amerikanischen Künstler Janet Cardiff/George Bures Miller und Cory Arcangel an. Jimi Hendrix spielte die amerikanische Nationalhymne mit verzerrten und jaulenden Tönen auf der E-Gitarre. Man sagte ihm nach, er hätte die Geräusche von fallenden und explodierenden Bomben imitiert, um gegen den Krieg in Vietnam zu protestieren. Bei Janet Cardiffs/George Bures Millers Arbeit wird der Besucher selbst zum virtuellen Gitarristen. In voller Lautstärke schlägt ihm unerwartet der Protestsong entgegen, sobald er auf das Pedal des Verstärkers tritt. Indem Cory Arcangel die Autotune- Funktion des Apple Musikprogramm GarageBand auf den Song anwendet und die Töne gleichsam nivelliert, nimmt er ihm – ganz im Gegensatz zu Janet Cardiff/George Bures Millerdie Elemente des Protests. Das visuelle found footage-Material bleibt hingegen unverändert. Das visuelle Bildgedächtnis täuscht dadurch über die akustische Veränderung hinweg. Über die Verlinkung von visueller und akustischer Wahrnehmung bleibt die Erinnerung an die legendäre Performance unverändert.

Die in der Ausstellung versammelten KünstlerInnen entstammen einer Generation, die mit dem Selbstverständnis eines erweiterten Kunstbegriffs und der damit einhergehenden Aufweichung der bestehenden Gattungen durch die avantgardistischen Strömungen des vergangenen Jahrhunderts aufgewachsen sind. Die bis an die Grenzen der Auflösung und Zerstörung getriebenen künstlerischen Strategien haben ihnen mitunter die Chance und Freiheit gegeben, neue Dimensionen zu erschließen und unbelastet Gattungen, deren Spielregeln und Grenzen zu akzeptieren, um sie für die Eröffnung verschiedener Wahrnehmungsperspektiven zu nutzen.

„The relationship between the work that has to do with the eyes and the work that has to do with the ears is naturally not the same because the eye isn’t an ear. And the eye for instance, is used to looking at the world and so sees the horizon and is concerned largely with horizontals. Whereas the ear is interested in time and the successsion of events, and so is interested in the vertical“. (John Cage)

Text: Fiona Liewehr