Erwin Thorn --

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Erwin Thorn
05/09/2008 - 08/11/2008

Erwin Thorn hat in der Auseinandersetzung mit den Diskursen der konzeptuellen Avantgarde in den 1960er Jahren eine eigenständige künstlerische Position entwickelt. „Punktuelle Verwandtschaften mit den visuellen Strategien eines Hans Bischoffshausen und Parallelformen zur Arbeit der Künstler der Düsseldorfer ZERO-Gruppe um Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker lassen sich ausmachen. […] zugleich interessiert ihn Arbeit und Einstellung des Karl Prantl“, fasst Roland Schöny zusammen(1). 

In großen Rauminstallationen, skulpturalen Bildern bzw. bildartigen Skulpturen, Collagen und feinen Papierarbeiten untersucht er emanzipative Perspektiven mit dem Konzept von Sprache und Umkehrung bei der Frage nach den tradierten Verhältnissen und der visuellen Kommunikation von Ereignissen. Rhythmus und Wellen, die auch an Schallwellen denken lassen und den klanghaften Aspekt von Sprache verdeutlichen, sind wichtiges Moment in Thorns konzeptuellen Arbeiten. „Seine Bildsprache lässt sich als visuelles, linguistisches System umschreiben, in dem die Koordinaten aus Erhebungen und Vertiefungen bestehen“, und setzt er sich damit „bewusst in eine Differenz zum individuell gestischen Ausdruck des abstrakten Expressionismus, der Art Autre und des Infomel“ (Schöny), ebenso wie zum esoterischen Interesse von Bewegungen der europäischen Kunstszene. Seine Abkehr von den Pathosformeln der 50er und 60er Jahre zeigt sich in einer „reduktionistisch formalen Ordnung“, wie Thorn selbst (2) schreibt. Dabei ist „das Nichts nicht nichts, sondern eine atmende Fläche“, die mit architekturhaftem Charakter abstrakte Konstrukte räumlich thematisiert und von konkaven und konvexen Verformungen systematisiert scheint. Jenseits jeglichen Manierismus greift er in glatte Flächen ein, manipuliert sie und setzt seine formalen Prinzipien in unterschiedlichen Werkgruppen um. Perspektivwechsel des Betrachters verdeutlichen das komplexe Spiel mit Strukturen - mit Schatten und Licht, Auslassungen und Verzerrungen, sichtbaren und sich erst in der Bewegung des Betrachters offenbarenden Formen, die Thorn als zeichenhaft versteht.

Mit Ironie und Witz bricht Thorn immer wieder die semiologische Ebene. Die Bezeichnung "Ohrwaschel“ für einige der Objekte macht humorvoll die Verbindung von Erhebungen und Vertiefungen als Form, von bildhaften Assoziationen zum tongebenden Rhythmus und zu Sprache auf. Er begreift „das visuelle Medium als Sprache – und Sprache transportiert sehr wohl Inhalte“ (Thorn). Dabei schließen „Ernst und Sinnlichkeit einander nicht aus, sondern sind die Bedingung füreinander“ (Schöny). Diesem Primat sind alle Form- Untersuchungen Thorns verpflichtet, was sich deutlich in der biomorphen Rauminstallation „Von der Wiege ins Boot“ zeigt. In die Raumecke eingepasst, zerfließt ein an ein Gelenk mit Knochen erinnerndes Vertikal, gerinnt scheinbar an den Rändern, erinnert an „große zarte Tropfen“, wie Alfred Schmeller eine Skulptur Thorns 1960 rezensierte, und ist dabei das „plausible Ergebnis einer kritischen Reflexion über die griechische Säule als Machtsymbol“ (Schöny) 

(1) Roland Schöny in: Zum Werk des Künstlers Erwin Thorn. Konzeptuelle Avantgarde mit ironischen Tupfern. Parnass 03/2008. S. 98–102
(2) Farben Lust und Form Gedanken. Abstrakte Wege in Österreich 1900 – 2000. Nagler, Gabriela; Patka, Erika (Hrg.). o. J. o. O. S. 119