Costa Vece --

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Costa Vece
24/03/2006 - 06/05/2006

Costa Vece, 1969 in der Schweiz als Sohn italienisch-griechischer Eltern geboren, wurde spätestens durch seine  Beteiligung an der Biennale von Venedig 1999 international bekannt. Seit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn  zählen Karton und recycelbare Materialien zu seinen bevorzugten künstlerischen Mitteln. In der Georg Kargl BOX  zeigt Costa Vece eine erneute Auseinandersetzung um das Thema „Revolucion - Patriotismo“, einem weltweit  angelegten Projekt, das 2005 in Genf gestartet wurde und nach Turin, Rom, Berlin und Amsterdam nun erstmals in  Österreich gezeigt wird.

Aus einfachen, gefundenen Materialien und Alltagsgegenständen wie Ziegel, Stacheldraht und getragenen Kleidern  vom Flohmarkt besetzt Costa Vece in dieser Installationsreihe ganze Räume, die den Betrachter emotional wie  physisch bedrängen und ihn als einen ständig sozial und politisch veränderbaren Handlungsspielraum deutlich  machen. Während Vece in der Schweiz und in Italien seine Installation als abgegrenztes Territorium definierte, in das  nur er und die ausländische Bevölkerung des Landes Zutritt hatte, ist die Installation in der Georg Kargl BOX allen  Besuchern zugänglich. In den architektonisch und funktional festgeschriebenen Rahmen der Galerie baut Vece ein  raumfüllendes Zelt aus den Nationalflaggen der in Österreich lebenden Ausländer aus nicht EU Staaten und lenkt  damit die Aufmerksamkeit auf jenen Teil der Bevölkerung, die als „zweite Klasse“ Ausländer Heerscharen an billigen,  teils illegalisierten Arbeitsmigranten im Baugewerbe oder  im Dienstleistungssektor bilden. Jede einzelne Flagge  besteht aus gebrauchten und aussortierten Altkleidern wie T-Shirts, Socken oder Jeans, die Spuren ihrer globalen  Produktionsorte und Verwendungen tragen. Durch ihre Umnutzung zur Herstellung eines Kunstwerks werden sie aus  der anonymen Sphäre der Warenzirkulation herausgerissen und in den konkret lokalen Kontext überführt. Das Zelt ist  mit einer Lampe, Sesseln und einem Tisch mit Fernseher ausgestattet und definiert einen gleichsam privaten Raum  im öffentlich-institutionalisierten Galerieraum, ein Land im Land, das dem Grundbedürfnis nach Schutz und  Geborgenheit nachkommt. Die Idee für Wien ein Zelt zu konzipieren entstand aus den Repräsentationsgewohnheiten  des lybischen Potentaten Muammar al Gadaffi, der selbst bei offiziellen Staatsbesuchen im Ausland immer mit  seinem Beduinenzelt reist, um darin Empfänge abzuhalten.

Ausgangspunkt seiner künstlerischen Überlegungen war die Reflexion seiner persönlichen sozialen Situation als  Angehöriger jener „Zwischengeneration“ in der Schweiz, die zwar im Land geboren ist aber weder Staatsbürgerschaft  noch Wahlrecht besitzt, sofern sie nicht in der Lage ist entsprechende finanzielle Zuwendungen an den Staat zu  leisten. Eine im letzten Jahr durchgeführte Volksabstimmung zu einer Gesetzesänderung, wonach der dritten  Generation eine automatische Einbürgerung ermöglicht und die Einbürgerungszeit verkürzt werden sollte, wurde vom  Großteil der Bevölkerung abgelehnt. Innerhalb der EU entwickelt sich durch die durchlässigen Grenzen und der  ständig zunehmenden weltweiten Vernetzung der Gesellschaften eine immer größer werdende Intoleranz gegenüber  Ausländern. Rechtsgerichtete Gruppierungen wenden sich gegen die fortlaufende Vereinheitlichung der Kulturen  durch die im Zuge der Globalisierung erfolgte Zuwanderung und gegen die abnehmende Bedeutung der  Nationalstaaten. Eine konservative Politik der Angst und der Ausgrenzung schürt ein Feindbild allem Fremden  gegenüber und findet auch hierzulande immer noch regen Zulauf.

Costa Vece stellt die gesellschaftspolitischen Ordnungen und Wertesysteme im sozialen, ökonomischen und  politischen Kontext in Frage, in dem er die Gesetze des hierarchischen Systems durchbricht und die Machtverteilung  zwischen Ausgegrenzten und Beherrschern innerhalb des nationalen Gefüges umkehrt und egalisiert. In seiner  gesellschaftskritischen Bestandsaufnahme der Gegenwart, in der sich ein immer schneller werdender und global  vereinheitlichter Strukturwandel vollzieht, verbinden sich Globalität mit Lokalität. Er lenkt damit die Aufmerksamkeit  auf die instabile Gesamtlage der menschlichen Situation und die menschenunfreundliche Atmosphäre.  „Revolucion – Patriotismo“ kann als Hoffnung gelesen werden, inmitten einer globalisierten Beschleunigungskrise  innezuhalten und den Blick auf ein aufgeklärtes Miteinander anstatt ein kulturelles Gegeneinander jenseits selbst  auferlegter Grenzen zu richten. „Ich möchte eine Revolution starten. In der Schweiz hat es noch nie eine Revolution  gegeben. Ich hatte die Idee einen Art „Nicht-Staat“ zu schaffen, in dem jeder willkommen ist.“